Grippeimpfungen in der Apotheke erzielen in der Bevölkerung höchste Zufriedenheitswerte
Neue wissenschaftliche Auswertung zeigt: Modellprojekt „Impfende Apotheken“ an Rhein und Ruhr erreicht viele Menschen, die sonst nicht geimpft worden wären. Bürgerinnen und Bürger wünschen sich weitere Impfangebote in Apotheken.
Grippeimpfungen in der Apotheke werden immer besser angenommen – das ist ein zentrales Ergebnis der neuen wissenschaftlichen Auswertung des Modellvorhabens der AOK Rheinland/Hamburg und des Apothekerverbandes Nordrhein e.V. durch das Forschungsunternehmen „May & Bauer – Konzepte im Gesundheitsmarkt“. Vor allem das Vertrauen in die Kompetenz der Apotheken, die gute Erreichbarkeit und das Impfen ohne lange Wartezeiten sind ausschlaggebende Kriterien, die Grippeschutzimpfung durch Apothekerinnen und Apotheker durchführen zu lassen. Das Angebot in der Apotheke, so ein weiteres Ergebnis, veranlasst weiterhin viele Menschen zur Grippeschutzimpfung, die sich sonst gar nicht hätten impfen lassen. Gut die Hälfte der rund 1.400 Geimpften gab das an. Auch dieser Wert hat sich im Vergleich zur ersten Auswertung nochmals gesteigert. Das hohe Vertrauen in die Impfkompetenz von Apothekerinnen und Apothekern zeigt sich besonders darin, dass sich der Großteil der Geimpften auch gegen andere Erkrankungen in der Apotheke impfen lassen würde.
Die Wissenschaftler Prof. Dr. Uwe May und Cosima Bauer vom Forschungsunternehmen „May & Bauer - Konzepte im Gesundheitsmarkt“ stellen zur aktuellen Auswertung fest: „Die Daten aus der Evaluation der zweiten Grippeimpfsaison in den Apotheken im Rheinland bestätigen, dass die Apothekenimpfung sicher, effektiv und gesundheitsökonomisch sinnvoll ist. Besonders erfreulich ist, dass noch mehr Menschen über den niederschwelligen Zugang in der Apotheke erreicht werden konnten, die sich sonst nicht hätten impfen lassen. Speziell unter denjenigen, die sich im vergangenen Winter erstmals gegen Grippe impfen ließen, hätte jede zweite Person dies nicht getan, wenn es das Impfangebot in der Apotheke nicht gegeben hätte,“ erklärt Gesundheitsökonom Prof. Dr. Uwe May.
Die Politikwissenschaftlerin Cosima Bauer M.A ergänzt: „Wegweisend ist auch die Erkenntnis, dass fast alle Menschen, die sich in der Apotheke gegen Grippe haben impfen lassen, sich auch gegen andere Erkrankungen durch Apothekerinnen oder Apotheker impfen lassen würden. Dies ist versorgungspolitisch von großer Bedeutung. Denn hier zeigt sich, dass ein niederschwelliges Impfangebot die Prävention vieler anderer Erkrankungen ebenfalls erheblich verbessern könnte. Die von der Ampel-Koalition angekündigte Überführung der Grippeschutzimpfung in die Regelversorgung kann hier nur der erste Schritt sein. Auch zum Beispiel die Impfungen gegen FSME und Pneumokokken lassen sich nach unseren Forschungserkenntnissen sehr erfolgversprechend in den Apotheken umsetzen.“
Rückenwind für Regierungspläne zum Grippeschutz für alle aus der Apotheke
„Die aktuellen Regierungspläne, dass sich künftig alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig von ihrer Krankenversicherung in Apotheken gegen Grippe impfen lassen können, erhalten durch die hohen Zufriedenheits- und Qualitätswerte der Impfungen in Apotheken jetzt noch einmal zusätzlichen Rückenwind“, erklärt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein e.V. „Wenn diese Regierungspläne jetzt auch schnell umgesetzt werden, können schon im nächsten Herbst alle Bürgerinnen und Bürger – egal, wie und wo sie versichert sind – davon profitieren, sich in unseren Apotheken gegen Grippe impfen zu lassen“, so Preis weiter.
Preis wies darauf hin, dass es in den letzten beiden Impfwintern zahlreiche Impfanfragen von Versicherten gab, deren Kassen nicht an dem Modellprojekt beteiligt waren. Auch Privatversicherte zeigten großes Interesse, den Impfservice der Apotheken zu nutzen. Dem großen Nachfragebedarf durften die Apotheken aufgrund gesetzlicher Hürden bisher noch nicht nachkommen. Das beabsichtigt der Gesetzgeber jetzt zu ändern.
Hochwertiges Impfangebot in Apotheken kann Arztpraxen entlasten
„Die Auswertungen unseres Gesundheitsreports 2022 zeigen, dass im zurückliegenden Herbst und Winter deutlich mehr Menschen eine Impfung gegen Grippe in Anspruch genommen haben. Von dem EU-Ziel, bei älteren Menschen eine Impfquote von mindestens 75 Prozent zu erreichen, sind wir jedoch immer noch weit entfernt“, sagt Günter Wältermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg. „Die Grippeschutzimpfung in Apotheken ist ein wichtiger ergänzender Baustein für ein niedrigschwelliges Impfangebot, deshalb würden wir es begrüßen, wenn der Gesetzgeber Menschen unabhängig von ihrer Krankenversicherung die Grippeschutzimpfung in Apotheken ermöglicht.“
Für beide Vorstände seien nach wie vor die Arztpraxen der Hauptanlaufpunkt für Impfinteressierte. Das hochwertige Impfangebot in den Apotheken könne aber auch zur Entlastung in den Arztpraxen beitragen, erklärt Preis.
Weitere Impfungen in Apotheken – Aufholbedarf im internationalen Vergleich
Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland impfen seit einigen Wochen auch erfolgreich gegen Corona. Trotzdem hat Deutschland im internationalen Vergleich noch einiges aufzuholen. So dürfen in Frankreich ab diesem Jahr in Apotheken bis auf wenige Ausnahmen alle Schutzimpfungen durchgeführt werden. Der Apothekerverband Nordrhein e.V. könnte sich deshalb vorstellen, dass auch in Deutschland noch weitere Impfungen in Apotheken durchgeführt werden könnten, so zum Beispiel die Impfung gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Sie ist unproblematisch in der Anwendung, gut verträglich und schützt gegen gefährliche, durch Zecken übertragene, Virusinfektionen. Dass es immer mehr Risikogebiete in Deutschland gibt und die Impfquote auch bei dieser Impfung viel zu niedrig ist, spricht ebenfalls dafür. Mit dem Stadtkreis Solingen wurde erstmals auch eine Region im Rheinland vom Robert Koch-Institut (RKI) zu einem FSME-Risikogebiet erklärt.