„Der Kabinettsentwurf muss die Apothekenstärkung gemäß Koalitionsvertrag umsetzen“
Auch der 10. OTC-Gipfel stand im Zeichen der Apothekenreform

ABDA-Präsident Thomas Preis zeigte sich auf dem 10. OTC-Gipfel am 06.11.2025 in Düsseldorf überzeugt, dass Ministerin Warken auf der Seite der Apotheken stehe.
Einen Tag nach der Anhörung im Bundesgesundheitsministerium zur Apothekenreform und dem 10. OTC-Gipfel, bei dem ebenfalls das Reformvorhaben im Fokus stand, stellt ABDA-Präsident und AVNR-Vorsitzende Thomas Preis fest: „Der Kabinettsentwurf muss die Apothekenstärkung gemäß Koalitionsvertrag umsetzen. Dazu gehört vor allem die zugesagte wirtschaftliche Stärkung durch die konkret benannte Honoraranpassung auf 9,50 Euro und die ersatzlose Streichung im Reformgesetz der im Koalitionsvertrag überhaupt gar nicht vorgesehenen Apotheke ohne Apotheker.“ Wer seinen Koalitionsvertrag den Titel „Verantwortung für Deutschland“ gibt, dürfe nicht an der Stabilisierung der Arzneimittel- und Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger sparen und müsse sich an Versprechen im Koalitionsvertrag halten, lautet der Appell an die Bundesregierung. Andernfalls sei das verantwortungslos und ein klarer Wortbruch, auch gegenüber den drei Millionen Bürgerinnen und Bürger, die täglich bundesweit eine Apotheke in Anspruch nehmen, stellt Preis klar.
Bereits auf dem 10. OTC-Gipfel zeigte sich Preis überzeugt, dass Ministerin Warken auf der Seite der Apotheken stehe. Sie erwarte eine gute Versorgung unter schwierigen Bedingungen und wisse, dass die Apotheken der Schlüssel dazu seien. Der Gesprächsfaden sei mehr als ein Faden, das sei ein belastbares Tau. Das werde im Kabinettentwurf sichtbar werden, gab sich Preis überzeugt. Der Referentenentwurf trage nicht die Handschrift von Frau Warken.
Grundvergütung ist entscheidende Basis für die Arzneimittelversorgung von Rx und OTC
Professor Dr. Uwe May machte auf dem OTC-Gipfel in Düsseldorf deutlich, dass es in der Apothekenreform ein Ungleichgewicht gebe. Einerseits wolle man die Apotheke stärken und ihr mehr Verantwortung im Gesundheitssystem zuweisen; andererseits fehle die Honorierung. „Es gibt ein Ungleichgewicht: Ja, man möchte mehr Apotheke, man möchte auf die Apotheke setzen. Auf der anderen Seite, wenn es dann um das Thema Geld geht, dann ist es nicht ganz so gut“, so May. Die Anpassung der 9,50 Euro sei nicht im Entwurf vorgesehen. Dabei sei es selbstredend, dass eine adäquate Gesamtvergütung die unabdingbare Basis für eine funktionierende Flächenversorgung und die Wahrnehmung neuer Aufgaben für die Apotheken sei. „Diese Grundvergütung ist die Basis für alle Leistungen der Apotheke. Nur auf einer starken wirtschaftlichen Basis kann es überhaupt die Apotheke, die wir uns vorstellen und auch brauchen, geben. Somit ist auch die OTC-Medikation mit den 9,50 Euro verknüpft, denn sie dient auch zur Finanzierung der Beratungsleistung im Bereich der Selbstmedikation“, verdeutliche May.
Verbraucherschützerin betont Wichtigkeit der Beratungsqualität
Gesa Schölgens, Leiterin des Projekts »Faktencheck Gesundheitswerbung« der Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz schilderte beim OTC-Gipfel in Düsseldorf unter dem Titel „Die reale Gefahr ist virtuell“ zahlreiche Beispiele von irreführender und gesundheitsgefährdender Werbung im Internet, auch Versandapotheken seien einen „Problemfall“. 2.600 Beschwerden und Anfragen von Verbrauchern zu Gesundheitswerbung im Internet sind seit August 2023 beim Projekt der Verbraucherzentralen eingegangen, berichtete Schölgens. „Wir prüfen diese Beschwerde und gehen dem auch nach.“ Um rechtliche Schritte einzuleiten, würde sie sich bei allem Verständnis für Kapazitätsengpässen mehr Unterstützung durch Behörden wünschen. Die Differenzierung von Vor-Ort-Apotheken und Versandhandel brachte Schölgens so auf den Punkt: „Beratungsqualität der Vor-Ort-Apotheken betonen und bewerben - Falschinformationen der Versandapotheken offensiv begegnen.“ Zuletzt hatte sich ihre juristische Kollegin Dr. Susanne Punsmann sehr deutlich dahingehend geäußert, warum es gerade bei Arzneimitteln auf die Beratung in der Apotheke ankomme: „Beim Kauf von Arzneimitteln haben wir es ja nicht nur mit Verbraucherinnen und Verbrauchern zu tun, sondern mit Patientinnen und Patienten. Diese sind auf Fachwissen angewiesen.“
Diskussionsrunde einig: Apothekenreform muss dringend nachgebessert werden
In der Diskussionsrunde „Quo Vadis Selbstmedikation? OTC-Arzneimittel zwischen sicherer Apotheken-Vor-Ort-Versorgung und unkontrollierter Online-Verramschung“ auf dem 10. OTC-Gipfel zeigten sich die Vertreter/innen der Arzneimittelherstellerverbände BPI und Pharma Deutschland e.V. zunächst verwundert über die auffallenden Ähnlichkeiten der Apothekenreform mit der aus dem letzten Jahr. So stellte Anja Klauke, Geschäftsfeldleiterin Selbstmedikation beim BPI, fest: „Wir dachten, mit dem CDU-besetzten Bundesgesundheitsministerium werden wir keine Lauterbach-Vergangenheit mehr sehen und jetzt bekommt man alte Reformpunkte aus dem letzten Jahr wieder neu aufgetischt“, so Klauke. Das sei schon ungewöhnlich, betonte Klauke. Zudem sei die Reform kein zukunftsgerichteter großer Wurf. Lutz Boden, Leiter innovative Gesundheitsversorgung Pharma Deutschland e.V., unterstrich den Wiedererkennungswert der nun wieder aufgewärmten Reformeckpunkte von Lauterbach mit der Umschreibung, dass bei der Entwicklung der Reform im Maschinenraum offensichtlich altes Schmieröl verwendet worden sei. Die Zielvorstellung, die Apotheken zu stärken, sei die richtige Richtung, es hapere aber im Reformgesetz daran, die Grundlagen dafür zu schaffen, so Boden. ABDA-Präsident Thomas Preis wurde noch deutlicher: „Ministerin Warken will den Apothekerinnen und Apothekern mehr Verantwortung geben, baut aber Kompetenzen ab, in dem sie Apotheken ohne Apotheker etablieren will.“ In der Konsequenz, so Preis weiter, habe das Gesetzesvorhaben allein schon durch die nicht erfolgte wirtschaftliche Stärkung der im Koalitionsvertrag zugesagten Erhöhung des Fixums auf 9,50 Euro und dem Plan einer Apotheke ohne Apotheker systemzerstörerisches Potenzial. Lutz Boden ergänzte, dass man gerade bei der Bundeswehr sehen würde, wie schwer und aufwändig es sei, eine heruntergefahrene Struktur wieder hochzufahren. Cosima Bauer von der Unternehmensberatung May & Bauer attestierte dem Reformvorhaben „große Ziele“ zur Apothekenstärkung, insbesondere beim Leistungsausbau in der Prävention. Aber wenn keine ausreichende Grundfinanzierung da sei, funktioniere das nicht. Eine angemessene Honorierung gehe Hand in Hand mit mehr Leistungen, so Bauer. Verbraucherschützerin Gesa Schölgens mahnte in Bezug auf die Pläne Apotheke ohne Apotheker an, dass man genau hinschauen würde, was da passiere und eine Umsetzung zum Nachteil der Versorgungs- und fachlichen Beratungsqualität auch aus Verbraucherschutzgründen nicht akzeptabel sei.
In seinem Fazit zum 10. OTC-Gipfel machte der stellvertretende AVNR-Vorsitzende Sebastian Berges deutlich, dass der Veranstaltungstag mit den fachlichen Einschätzungen der Experten aus den Bereichen Gesundheitsökonomie, Pharmaindustrie und Verbraucherschutz gezeigt habe, dass die Apothekenreform ihr Ziel, Apotheken zu stärken, bisher verfehlt habe. Apotheken würden immer mehr leisten, aber die im Koalitionsvertrag zugesicherte Anpassung beim Apothekenhonorar nicht erhalten. Daher komme es jetzt darauf an, dass sich der Berufsstand entschlossen dafür einsetzt, dass die wirtschaftliche Stärkung der öffentlichen Apotheken von der Bundesregierung wie im Koalitionsvertrag zugesagt auch umgesetzt werde.