NRW-Gesundheitsminister Laumann will Apotheke der Zukunft gemeinsam mit Apothekern entwickeln
Die Pläne auf Bundesebene, Apotheken ohne Apotheker zu etablieren, lehnt der Minister ab
Mit dem Ziel, in allen Regionen eine gute Arzneimittelversorgung sicherzustellen, hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann die Apothekerschaft dazu eingeladen, gemeinsam mit ihm und seinem Ministerium die Apotheke der Zukunft zu entwickeln. Dabei setzt er auf die bewährte inhabergeführte Struktur der öffentlichen Apotheken und die freiberufliche Unabhängigkeit in der Apothekenleitung, die er als „Qualitätssicherung im System“ wertete. Angesichts des Leitbilds des Apothekers in seiner Apotheke erteilte Laumann dem Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, Apotheken ohne Apotheker zu etablieren, erneut eine klare Absage. Für den Fall, dass diese Reform kommen sollte, sagte der Minister: „Dann wird das eines der kurzlebigsten Gesetze der Bundesrepublik,“ betonte Laumann beim gestrigen Sommerempfang des Apothekerverbandes Nordrhein e.V. vor über 100 hochkarätigen Gästen aus dem Gesundheitswesen, darunter Politiker, Vertreter des NRW-Gesundheitsministeriums, der Ärzteschaft, Krankenkassen, Krankenhäusern, des Pharmazeutischen Großhandels und der Arzneimittelhersteller. Verständnis zeigte der Minister auch für die dringend notwendige Honoraranpassung beim Apothekenhonorar.
Apothekenreform auf Bundesebene würde die Versorgung erheblich verschlechtern
Zuvor hatte Thomas Preis, Vorsitzender Apothekerverband Nordrhein, in seiner Begrüßungsansprache bereits eine deutliche Botschaft an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach von Düsseldorf nach Berlin gerichtet: „Apotheken ohne Apotheker sind mit uns nicht zu machen. Bürgerinnen und Bürger haben nämlich einen Anspruch darauf, dass da, wo Apotheke drauf steht, auch ein Apotheker oder eine Apothekerin drin ist!“
Zu den Auswirkungen des Gesetzesvorhabens machte Preis deutlich: „Mit der Etablierung dieses Gesetzes würde es zur reinen Glückssache werden, ob ein Patient überhaupt einen Apotheker antrifft. Das würde zu einer erheblichen Versorgungsverschlechterung aller Bürger führen. Patienten mit verschriebenen Medikamenten würden nicht mehr ohne weiteres eine apothekerliche Beratung zur richtigen Anwendung zu Risiken und Wechselwirkungen von Arzneimitteln bekommen können.“
Ganz besondere Nachteile hätten beispielsweise, so Preis weiter, diejenigen, die Arzneimittel, die der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung unterliegen, einnehmen oder anwenden müssen. „Das sind Patienten, die starke Schmerzmittel benötigen, beispielsweise Krebspatienten, oder Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die ADHS Medikamente benötigen. Diese Medikamente könnten dann nur noch an einem Tag in der Woche ausgegeben werden, weil dies immer durch einen Apotheker geschehen muss“, so Preis.
Auch bei Patienten, die ihre Erkrankung ohne Arztbesuch, aber mit der Beratung durch eine Apothekerin oder einen Apotheker selbst behandeln möchten, würde sich die Versorgung schlagartig erheblich verschlechtern. „Das wären Zustände, die unseren Bürgerinnen und Bürgern nicht zuzumuten sind!“, warnte Preis.
Schließungswelle von Apotheken setzt sich mit noch größerer Heftigkeit fort
Zum dringenden Handlungsbedarf beim Apothekenhonorar hatte der Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein e.V. Thomas Preis in seiner Begrüßungsrede klargestellt, dass es bei Apotheken in den letzten zwanzig Jahren nahezu keine Honoraranpassung gegeben habe. „Aber allein in den letzten zehn Jahren sind Lohnkosten und Inflation um 30% gestiegen. Da braucht man keine großen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse, um zu erkennen, dass
diese Rechnung nicht aufgehen kann“, sagte Preis. Mit Verweis darauf, dass das Betreiben einer Apotheke oder gar eines Apothekenverbundes mit Filialapotheken unter den aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen für immer mehr ApothekerInnen ein nicht mehr zu kalkulierendes Risiko sei, berichtete Preis, dass über 30 Prozent der selbstständigen ApothekerInnen ein Einkommen hätten, das unter dem eines angestellten Apothekers liege. „10% schreiben rote Zahlen und werden über kurz oder lang schließen müssen“, so Preis.
Mit Blick auf den akuten politischen Handlungsbedarf bei der Apothekenhonorierung verwies Preis auf die sich weiter dramatisch fortsetzende Schließungswelle: „Die schon damals im September 2023 sehr hohen Schließungszahlen haben bis zum Ende des Jahres dazu geführt, dass wir am Jahresende 2023 über 500 weniger Apotheken hatten“, so Preis. Einen solch hohen Apothekenverlust habe es seit Gründung Bundesrepublik noch nicht gegeben. „Dieser Schließungstsunami setzt sich in diesem Jahr mit noch größerer Heftigkeit fort. So sind wir zur Mitte des Jahres bereits um 50% über den Schließungszahlen des letzten Jahres angelangt. Aufgrund des verheerenden Skontourteils vom 08. Februar 2024 gehen wir im zweiten Halbjahr von noch einmal steigenden Schließungszahlen aus“, warnte Preis. Mittlerweile seien auch immer mehr Filialapotheken vom endgültigen Aus betroffen - und Neugründungen habe man nahezu gar nicht mehr zu verzeichnen.
Apothekerschaft nimmt Einladung zur Entwicklung der „Apotheke der Zukunft“ an
In seinem Fazit zur Veranstaltung bedankte sich der Verbandsvorsitzende Thomas Preis für die klaren Positionen des Ministers zur freiberuflichen, unabhängigen Apotheke und seine deutliche Absage an „Apotheken ohne Apotheker“. Auch die Einladung des Ministers, gemeinsam das Thema „Apotheke der Zukunft“ zu entwickeln, begrüßte er sehr und kündigte an, dass die Apothekerschaft diese Einladung sehr gerne annehme.