AVNR-Blitzumfrage: Fachkräftemangel in Apotheken verursacht starke Mehrbelastung

Immer weniger Apotheken müssen kontinuierlich steigende Anforderungen der Versorgung bewältigen

Bildquelle: ABDA

Apotheken an Rhein und Ruhr haben einen hohen Fachkräftebedarf - besonders die Berufe mit pharmazeutischem Schwerpunkt, Apotheker/in und Pharmazeutisch-technische/r Assistent/in (PTA), werden dringend gesucht. Aufgrund mangelnder Bewerbungen bleiben aber ausgeschriebene Stellen bis zu fünf Monate unbesetzt - das sind zentrale Ergebnisse einer im ersten Quartal 2023 durchgeführten Blitzumfrage zum Thema „Personalbedarf“ unter den Mitgliedsapotheken des Apothekerverbandes Nordrhein e.V. Ein weiteres Ergebnis: Der vorherrschende Fachkräftemangel belastet die Apotheken sehr stark; fast jede an der Blitzumfrage teilnehmende Apotheke (97 Prozent) gab an, dass sowohl Inhaber als auch Mitarbeiter infolge des Fachkräftemangels von einer beruflichen Mehrbelastung betroffen sind. Bei jeder zweiten Apotheke (etwa 54 Prozent) führt der Mangel an Fachkräften zu einer hohen zusätzlichen Belastung bei der Durchführung der Notdienste. Zusätzlich hat jede zweite Apotheke (48 Prozent) große personelle Schwierigkeiten, die für Apotheken vorgeschriebenen Mindestöffnungszeiten an jedem Wochentag abdecken zu können. Bei jeder vierten Apotheke (25 Prozent) wirkt sich der Fachkräftemangel bereits so negativ aus, dass die Apotheke nicht ohne Probleme am Ende des Berufslebens unter neuer Leitung weiter geführt werden kann und eine Apothekenschließung droht. Sogar fast sechs Prozent gaben konkret an, die Apotheke in den nächsten 12 Monaten auch aufgrund des Fachkräftemangels schließen zu müssen. An der Blitzumfrage unter den Mitgliedsapotheken des Apothekerverbandes Nordrhein e.V. hatten sich innerhalb von weniger als 48 Stunden rund 500 Apotheken, das sind etwa 25 Prozent der Mitgliedsapotheken des Apothekerverbandes Nordrhein, beteiligt.

Erhebliche Auswirkungen

Der Fachkräftemangel führt zur verstärkten Mehrbelastung der verbleibenden Apotheken. Allein schon durch die Übernahme der gesetzlich vorgeschriebenen Notdienste. Aber auch im Alltag müssen immer weniger Apotheken immer mehr Menschen versorgen. Die Arbeit der Apotheken wird auch immer anspruchsvoller dadurch, dass die zu versorgenden Patienten und Kunden immer älter werden.  Von 2017 bis 2021 stieg die Zahl der Bürger, die eine Apotheke statistisch versorgt, um 7,56 %. Im gleichen Fünfjahres-Zeitraum stieg die Zahl der zu versorgenden über 60-Jährigen Bürger um 13,78 % und die der über 80-Jährigen sogar um 30,2 % pro Apotheke.

Versorgungsbedarf bei über 70-Jährigen steigt extrem: 70 % mehr Arzneimittelabgaben bis 2045

Dieser Trend ist weiter anhaltend und wird nach Berechnungen des Apothekerverbandes bis 2045 zu einem Anstieg bei den Arzneimittelabgaben, pharmazeutischen Beratungen und Dienstleistungen von gut 30% führen. Allein bei den besonders beratungsintensiven über 70-Jährigen führt dies zu einem Anstieg von über 70 % .

Aufgrund der demografischen Entwicklung kann man aber davon ausgehen, dass den Apotheken auch in Zukunft für die große Herausforderung der stark alternden Bevölkerung nicht signifikant mehr Personal zur Verfügung stehen wird.  Von 2017 bis 2021 ist die Zahl der Mitarbeiter in den Apotheken lediglich um 1,59 % gestiegen. „Deshalb sehen wir dringenden politischen Handlungsbedarf, die Apotheken in unserem Land zu stärken, von nicht pharmazeutischen Aufgaben zu entlasten, Präqualifizierungen und Nullretaxen abzuschaffen und die Apotheken bei der Personalfindung und -bindung zu unterstützen“, so Preis. „Dazu gehört an erster Stelle eine deutliche Anhebung der Vergütung der Apotheken durch die Arzneimittelpreisverordnung“, fordert Preis. „Damit Apothekenmitarbeiter besser bezahlt werden können.“

Apotheken stärken, Versorgung sichern

„Allein die große und sehr schnelle Resonanz auf unsere Blitzumfrage zeigt die starke Betroffenheit der Apotheken beim Thema Fachkräftemangel. Wie das zentrale Ergebnis der Befragung in bedrückender Weise verdeutlicht, sind die durch das fehlende Personal und die gleichzeitig steigenden pharmazeutischen und bürokratischen Anforderungen die Arbeitsbelastungen in fast jeder Apotheke für das gesamte Apothekenteam extrem hoch“, erklärt Thomas Preis, Vorsitzender Apothekerverband Nordrhein e.V. „Die öffentlichen Apotheken brauchen dringend und sofort eine maximale politische Unterstützung, um mit ausreichend Personal und erheblichen Entlastungen bei den zeitraubenden Bürokratieanforderungen die Gesundheits- und Arzneimittelversorgung der immer mehr werdenden alten und sehr alten Menschen zu sichern“, betont Preis weiter.

Erleichterte Abgaberegelungen unbefristet erhalten, versorgungsfeindliche Bürokratie abbauen

„Apothekenstärkung muss einhergehen mit erheblicher bürokratischer Entlastung, so dass eine Konzentration auf die heilberuflichen Kernaufgaben zum Wohl der Patientenversorgung in unseren Apotheken stattfinden kann“, fordert Preis. Ein gelungenes und praxisbewährtes Beispiel dafür seien die im März 2020 vom Apothekerverband Nordrhein in Kooperation mit der AOK Rheinland/Hamburg auf Landesebene initiierten und dann bundesweit etablierten erleichterten Austauschreglungen bei Rabattvertragsarzneimitteln. Apothekerinnen und Apotheker nutzten den Spielraum bei der Umsetzung der Rabattverträge effektiv und verantwortungs-bewusst. Da, wo es möglich ist, werden die für Krankenkassen kostengünstigeren Rabattarzneimittel abgegeben. Nur wenn es um eine notwendige schnelle Patientenversorgung ging, sind die Apotheken davon abgewichen und haben ein nicht rabattiertes, aber für den Patienten sofort verfügbares, Arzneimittel abgegeben. „Wir appellieren eindringlich an die Politik, diese nachweislich praxisbewährte Regelung zeitlich unbefristet gesetzlich zu verankern“, fordert Preis. Zumindest wurden die Regelungen aktuell bis Ende Juli verlängert. Ansonsten hätte sich für viele Patienten die Therapie verzögert und Arztpraxen müssten vielfach Rezepte neu ausstellen, wenn Medikamente nicht verfügbar sind.

„Wir dürfen nicht wieder zurück in die Steinzeit beim im Umgang mit den Rabattverträgen. Falls die erleichterten Abgaberegelungen tatsächlich Ende Juli wegfallen sollten, wird die Versorgung gerade angesichts der weiter bestehenden Lieferengpässe sehenden Auges massiv verschlechtert“, betont Preis.

Cookie-Einstellungen

Notwendige Cookies sind für den reibungslosen Betrieb der Website zuständig, indem sie Kernfunktionalitäten ermöglichen, ohne die unsere Website nicht richtig funktioniert. Diese Cookies können nur über Ihre Browser-Einstellungen deaktiviert werden.

Anbieter:

Apothekerverband Nordrhein e.V.

Datenschutzerklärung