Geschäftsbericht 2022/2023

Vorwort

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

wir blicken zurück auf ein besonders herausforderndes Berichtsjahr: Die Coronapandemie avancierte zwar endlich zum Auslaufmodell, dafür wurde aber die Arbeit in unseren Apotheken von den seit Jahren kontinuierlich zunehmenden Lieferengpässen von Arzneimitteln und dem Fachkräftemangel zunehmend belastet. Es ist auch daher nur folgerichtig, dass „Apothekenstärkung“ nicht weiter nur ein politischer Agendapunkt bleiben darf, sondern die Maßgabe für richtungsweisende gesundheitspolitische Maßnahmen sein muss. Bereits im Vorwort des letzten Geschäftsberichtes war die Apothekenstärkung ein zentralesThema – auch mit Verweis auf die Ankündigung der Bundesregierung dazu im Koalitionsvertrag von 2021. Das, was damals begrüßenswert war, ist heute zwingend notwendig. Auch deshalb weil wir infolge des „GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes“ seit dem 01.02.2023 mit einem von 1,77 auf 2,00 Euro erhöhten Kassenabschlag konfrontiert werden. Entgegen der von der Bundesregierung angekündigten Stärkung ist das zusammen mit den rasant gestiegenen Personal-, Betriebs- und Energiekosten sowie einer Inflation auf Rekordniveau eine zusätzliche wirtschaftliche Schwächung der Apotheken – mit nicht unerheblichen Konsequenzen für die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Apotheken. Auch wenn der Bundesrat im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens die Erhöhung des Apothekenabschlags mehrheitlich ablehnte, hat der Bundestag das mit der Stimmenmehrheit der Regierungsparteien am 20.10.2022 dennoch beschlossen. Seitdem wurde der politische Dialog von Seiten der Apothekerschaft noch weiter intensiviert. In zahllosen Gesprächen setzen wir uns auf Bundes- und Landesebene und mit ersten Protestmaßnahmen konsequent dafür ein, dass die Bundesregierung endlich die zwingend notwendigen Maßnahmen zur angekündigten Apothekenstärkung aktiv angeht und auch verbindlich umsetzt. Insbesondere angesichts der dramatischen Situation bei den Lieferengpässen von Arzneimitteln und des ebenfalls extrem belastenden Fachkräftemangels ist eine Apothekenstärkung überfällig. Dieses Thema haben wir in unserem „Ausblick – Lieferengpässe und Fachkräftemangel erfordern politisches Handeln“ (siehe S. 26 ff.) mit Fakten genau beleuchtet.

Versorgungschaos bei Arzneimitteln wird durch Einsatz der Apotheken verhindert

Eine Blitzumfrage bei unseren Mitgliedsapotheken zum Ausmaß der Lieferengpässen von Arzneimitteln im Februar hat ergeben, dass fast jedes zweite Rezept betroffen ist. Schon vorher haben wir immer wieder auch medienwirksam gefordert, die extreme Mehrarbeit der Apotheken adäquat zu honorieren und uns unbürokratische Handlungsmöglichkeiten für eine schnelle Patientenversorgung zu ermöglichen. Im Zuge dessen haben wir ganz besonders für die Aufrechterhaltung der seit etwa drei Jahren geltenden Abgaberegeln auf Landes- und Bundesebene gekämpft; schließlich haben sie sich in der Praxis nicht nur bewährt, sondern auch die Arzneimittelversorgung für Patienten nachweislich beschleunigt und verbessert. Mit der bis Ende Juli 2023 verlängerten Fortführung ist es gelungen, zumindest vorübergehend ein Versorgungschaos mit noch mehr Aufwand für unsere Apothekenteams zu verhindern. Wir werden uns weiter mit vereinten Kräften dafür einsetzen, dass diese Regelungen auch über den Juli hinaus unbefristet Geltung haben.

Forderungen zur Apothekenstärkung auf den Punkt gebracht

In der schwierigen Situation von Lieferengpässen und des Fachkräftemangels brauchen Apotheken und ihre Mitarbeitenden dringend Stärkung. Notwendige Stärkungs-Maßnahmen für Apotheken auf den Punkt gebracht sind: eine maximale Bürokratieentlastung, der Wegfall der Präqualifizierung, die Abschaffung der Nullretax und endlich, nach zwei Jahrzehnten Stillstand, eine entscheidende Erhöhung des Fixums in der Arzneimittelpreisverordnung. 12,00 Euro sind eine klare Forderung des ABDA-Gesamtvorstandes unter aktiver Beteiligung des AVNR. Denn Fakt ist: Mit einer Arzneimittelpreisverordnung von gestern können wir die Versorgungsansprüche einer älter werdenden Generation von heute kaum noch und in Zukunft schon gar nicht bewältigen.

Rückenwind vom Land NRW für faire Honorierung

Die Honorardiskussion ist angesichts unserer konkreten Forderungen zur Apothekenstärkung bereits auf politischen Ebenen angekommen. Im Gegensatz zur Bundesregierung hat das Land NRW zuletzt keinen Zweifel daran gelassen, dass die strukturelle Grundvergütung angepasst werden muss – mit der Begründung, das
Apothekensystem zu stabilisieren, damit die wohnortnahe Arzneimittelversorgung auch in Zukunft auf sichere Beine gestellt werden kann. Im Zuge dessen bekräftigte
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann in seinem Beitrag auf unserem 15. Zukunftskongress öffentliche Apotheke am 25.02.2023 nochmals, dass er sich weiter für die freiberuflichen Strukturen mit Apothekern und Ärzten im Gesundheitswesen aktiv einsetzen werde. Er bekannte sich erneut deutlich zur inhabergeführten
Apotheke und fairen Honorierung, so dass Arbeitsplätze in der Apotheke attraktiv gestaltet werden können.

Krankenkassen erzielen Überschüsse

Dadurch, dass die Arzneimittelpreisverordnung seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten keine wesentlichen Anpassungen erfahren hat, steigt das Gesamthonorar der Apotheken
so geringfügig, dass mittlerweile die Verwaltungskosten der Krankenkassen mehr als doppelt so hoch liegen. Darüber hinaus wurde Ende Februar sogar bekannt,
dass die gesetzlichen Krankenkassen im letzten Jahr entgegen ihrer Kassandrarufe der leeren Kassen einen Überschuss von 445 Millionen Euro erzielt haben – auch auf Kosten der Apotheken. Denn unsere Apotheken werden, wie eingangs schon erwähnt, für zwei Jahre mit je 190 Millionen Euro zur Kasse gebeten. Das heißt: Während Kassen Überschüsse erzielen, andere Bereiche in Gesundheitsberufen Energiekostenzuschüsse und Inflationsausgleiche bekommen, wird bei uns Apotheken abkassiert.

Apotheken sparen mehr als sie kosten

Auf Kosten und zu Lasten der Apotheken zu sparen, ist – diplomatisch formuliert – auch deshalb inakzeptabel, weil Apotheken keine Kostentreiber im Gesundheitssystem
sind. Im Gegenteil: Sie sparen mehr als sie kosten! Allein durch die Umsetzung der Rabattverträge ergeben sich für die Krankenkassen Einsparungen in Höhe von über 5 Mrd. Euro pro Jahr. Durch das Inkasso der Zuzahlungen der Patienten in den Apotheken erhalten die Krankenkassen weitere 2,3 Mrd. Euro. Zusätzlich treiben die von den Apotheken bezahlten Apothekenrechenzentren für die Krankenkassen Jahr für Jahr etwa 1,7 Mrd. Euro durch die gesetzlich vorgeschriebenen Herstellerrabatte ein. Einsparungen von mindestens 10 Milliarden Euro, die Apotheken selber erbringen bzw. für deren Inkasso die Apotheken sorgen, stehen nur 5,5 Mrd. Euro an Apothekenhonorar gegenüber. Apotheken sparen also weit mehr als sie kosten! Dabei ist unsere umfangreiche Beratungstätigkeit bei leichten Erkrankungen für die Bürger, die nicht den Arzt konsultieren, noch gar nicht mitgerechnet. Insgesamt tragen Apotheken vor Ort somit als zentrale Säule der Gesundheitsversorgung auch ganz entscheidend zur wirtschaftlichen Stabilität des Gesundheitswesens bei.

Auch vor diesem Hintergrund werden wir unsere Forderungen zur Apothekenstärkung insbesondere hinsichtlich einer Honorarerhöhung und dem Bürokratieabbau
mit größtem Engagement weiter intensivieren und auch eskalieren. Wenn der Berufsstand hierfür eine geschlossene Bereitschaft mitbringt, sind auch weitere Protestmaßnahmen nicht ausgeschlossen. Bei rund 1 Millionen Patientenkontakten der Apotheken pro Tag in NRW und über 3 Millionen bundesweit ist eine sehr große Öffentlichkeitswirksamkeit für die berechtigten Forderungen einer sicheren Arzneimittelversorgung durch die Apotheken gewährleistet.

Zum Nutzen der Mitglieder: Den Verband als modernen Dienstleister zukunftsorientiert weiterentwickeln

Trotz der weiter abnehmenden Zahl der Apothekenbetriebe bildet der sehr hohe Organisationsgrad des Verbandes von über 98 Prozent weiterhin ein besonders
solides Fundament, um den Verband als kompetenten Dienstleister für selbständige Apotheker/innen in Nordrhein mit modernen Strukturen auf hohem Dienstleistungsniveau zum Nutzen der Mitglieder zukunftsorientiert weiterzuentwickeln. Der sehr hohe Mitgliederbestand bedeutet für den Apothekerverband Nordrhein
e.V. nach wie vor Bestätigung und Auftrag zugleich, das von den Mitgliedern in die Arbeit ihres Verbandes gesetzte Vertrauen auch in Zukunft zu rechtfertigen und weiter zu festigen.

Hohe Dienstleistungs- und Serviceorientierung: Jede Woche werden 3.000 Anfragen und Vorgänge bearbeitet

Dabei hat der Apothekerverband Nordrhein e.V. in seiner Funktion als Spitzenorganisation der selbständigen Apotheker/innen eine ganz besondere Vertrauensposition bei den zu vertretenden Mitgliedern und den Partnern der Apothekerschaft im Gesundheitswesen in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus. Diese gilt es Tag für Tag aufs Neue unter Beweis zu stellen.

Ganz besonders trägt dazu auch die hohe Dienstleistungs- und Serviceorientierungunserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäftsstelle auf der Tersteegenstraße
bei. Ein wichtiges Ziel unseres engagierten Teams dort ist: Sie und Ihre Apothekenteams vom zunehmenden Bürokratismus im Arzneimittel- und Gesundheitsmarkt zu entlasten und kompetenter Ansprechpartner für unsere Partner im Gesundheitswesen zu sein. Jede Woche erreichen die Geschäftsstelle über 1.200 Anfragen
unserer Mitglieder zu Arzneimitteln und Hilfsmitteln. Und in der Clearingstelle sind es aktuell sogar bis zu 3.000 bearbeitete Vorgänge pro Woche, die dann mit den
Krankenkassen abgewickelt werden. Zusätzlich hat sich der Apothekerverband Nordrhein als sehr wichtiger Ansprechpartner zahlreicher Medien unseres Bundeslandes
und darüber hinaus etabliert. Fast täglich sind so von der Geschäftsstelle zahlreiche Medienkontakte und -anfragen vorzubereiten und zu beantworten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

mit diesem Geschäftsbericht stellen wir die Aktivitäten des Verbandes im Berichtszeitraum übersichtlich und transparent dar. Er gibt auch einen Überblick über die vielfältigen Herausforderungen, denen sich der Verband mit seinen Mitgliedern im Berichtsjahr gestellt sah und zurzeit sieht. Der vorliegende Geschäftsbericht knüpft
hinsichtlich wesentlicher Punkte und redaktioneller Inhalte unmittelbar an den Geschäftsbericht 2021/2022 an, dessen Berichtszeitraum bis März 2022 reichte.

Mit der Zuversicht, dass wir nach zwischenzeitlich überstandener Coronapandemiemit vereinten Kräften verbesserte Rahmenbedingungen für die Apotheken vor
Ort im Sinne einer nachhaltigen Stärkung erreichen, wünsche ich Ihnen eine gute Lektüre unseres Geschäftsberichtes.

Ihr

Thomas Preis
Vorsitzender Apothekerverband Nordrhein e.V.

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