Geschäftsbericht 2021/2022
Vorwort
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
seit über zwei Jahren hält das Coronavirus die Menschheit weltweit in Atem. So haben sich bis Ende März 2022 bereits fast eine halbe Milliarde Menschen infiziert. Über sechs Millionen Menschen sind an einer Coronavirus-Infektion gestorben. Diese ohnehin schon hohen Zahlen sollen laut Weltgesundheitsbehörde (WHO) aufgrund sehr hoher Dunkelziffern noch zwei bis dreimal höher sein. Vergleichen wir die Infektionszahlen und die Zahl der Toten weltweit und in Europa mit den Zahlen in der Bundesrepublik schneidet Deutschland relativ gut mit deutlich niedrigeren Infektions- und Sterbezahlen ab. Das zeigt, dass die Coronapolitik in Deutschland trotz aller Kritik grundsätzlich sehr erfolgreich war. Neben der großen Disziplin und Ausdauer der Bürgerinnen und Bürger, die politisch beschlossenen Coronaschutzmaßnahmen einzuhalten, konnte das nur durch unser gutes Gesundheitswesen erreicht werden. Einen beträchtlichen Anteil daran haben auch die Apotheken in Deutschland mit ihren sehr engagierten und qualifizierten Apothekenteams. Durch die – oft ohne lange Vorlaufzeiten – Übernahme wichtiger neuartiger Aufgaben zur Pandemiebewältigung haben die Apotheken entscheidend zur erfolgreichen Umsetzung politischer Beschlüsse beigetragen. Wie vielfältig das Aufgabenspektrum ist und wie leistungsstark und bürgernah die Apotheken das um setzen konnten, haben wir im vorliegenden Geschäftsbericht in einem zentralen Artikel zusammengefasst (siehe „Ausblick“, S.26).
Schlüsselfunktion in der Pandemie
Dass Apotheken eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der Pandemie übernommen haben, ist nur konsequent. Denn schon in normalen Zeiten ist jeder Bürger statistisch gesehen zumindest einmal im Monat in einer öffentlichen Apotheke, um wirksame Medikationen zu bekommen oder auch um sich persönlich zu Gesundheitsfragen beraten zu lassen. In der aktuellen Corona-Pandemie wurden Apotheken noch stärker als sonst üblich zu einer zent-ralen und kompetenten Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihren Chefinnen und Chefs in den Apotheken arbeiten dabei bis heute sehr oft bis an die Grenzen der Belastbarkeit. Und das auch mit dem Wissen, sich selbst jederzeit im Dienst für die Gesundheit anderer, infizieren zu können. An dieser Stelle geht mein und unser aufrichtiger Dank an unsere Apothekenmitarbeiter/innen, ohne die wir als Apothekenleiter/innen unser gerade in Pandemiezeiten so wichtiges Gesundheits- und Arzneimittelversorgungsangebot nicht so erfolgreich aufrechterhalten hätten können.
Insgesamt haben die Apotheken mit ihren Teams in allen Phasen der aktuellen Coronakrise eine zentrale Rolle bei der Gesundheitsversorgung und der Pandemiebewältigung gespielt. Wir konnten fachlich hochwertig, umfassend und oft sehr schnell neue Aufgaben über nehmen. Dazu mussten aber auch zusätzliche Mitarbeiter in kürzester Zeit gefunden und fortgebildet werden. Zusätzlich mussten zügig räumliche und organisatorische Strukturen geschaffen werden, um diese Aufgaben zum Wohle der Menschen in unserem Land und zur Eindäm-mung dieses gefährlichen Virus optimal zu lösen. Dabei hatten einige von uns aufgrund der Kurzfristigkeit der politischen Entscheidungen, die uns quasi von einem auf den anderen Tag in die Pflicht nahmen, den Eindruck nur ein gut verfügbarer Notnagel zu sein. Das können wir so zu Recht nicht akzeptieren. Wir sind Heilberufler mit einem umfassenden Universitäts-studium und hochwertiger Fachexpertise. In der Pandemie haben wir von Anfang an gezeigt, auch in kritischen Situationen unmittelbar persönlich Verantwortung für die Gesundheit der Menschen in unserem Land zu übernehmen.
Dieses herausragende Engagement in der Pandemie hat in der Gesellschaft, den Medien und der Politik Anerkennung gefunden. Das zeigt sich in der sehr positiven Resonanz in den Medien und auch in den zahlreichen Statements von Spitzenpolitikern auf Landes- und Bundesebene.
Wir Apothekerinnen und Apotheker erwarten deshalb von der Politik, dass die Apotheken vor Ort gezielt gestärkt werden müssen. Deshalb ist die neue Bundesregierung gefordert, in folgenden Punkten schnellstens zu agieren:
- Nach fast 20 Jahren nahezu unveränderter Arzneimittelpreisverordnung brauchen wir endlich eine deutliche Anhebung des Fixzuschlages. Auch um unsere Mitarbeiter endlich noch besser bezahlen zu können. Denn ohne ausreichend motivierte Mitarbeitende – und ein gutes Gehalt gehört auch dazu – können wir die steigenden Bedarfe einer im-mer älter werdenden Gesellschaft nicht gut genug bedienen. Wir brauchen auch mehr Studienplätze für Pharmazie an den Universitäten.
- Mehr Entscheidungsfreiheiten, die uns bürokratisch entlasten, sorgen für mehr Versor-gungsqualität. Beispielhaft dafür stehen die erleichterten Austauschmöglichkeiten der Apotheken bei nicht verfügbaren Arzneimitteln, um die Patienten noch schneller zu ver-sorgen. Diese Regelungen müssen auch über die Pandemie hinaus beibehalten werden.
- Auch Kompetenzerweiterungen wie das Impfen gehören dazu. Und wer gegen Co-rona impfen kann, kann auch gegen Grippe impfen. Deshalb sollten die laufen-den Grippe impfmodelle schnell in die Regelversorgung für alle GKV- und PKV- Versicherten überführt werden (Siehe dazu „Modellprojekt Grippeschutzimpfung: Zusätzliches Impfangebot in Apotheken erzielt beste Zufriedenheitswerte“, S.60). Zusätzlich sollten wir gemeinsam mit der Politik, Krankenkassen und den Patientenverbänden prüfen, welche weiteren Impfungen Apotheken noch durchführen können.
- Eine sichere und unterbrechungsfreie Arzneimittelversorgung: Patienten benötigen eine verlässliche Arzneimittelversorgung und die Apotheken die dafür notwendigen Rahmenbedingungen, um diese weiterhin sicher und unterbrechungsfrei sicherstellen zu können. Mit dem analogen Rezept ist das gewährleistet. Apotheker und Ärzte sehen das bei einer Umstellung auf ein elektronisches Rezept aber sehr gefährdet.
- Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung ist die Stärkung der Apotheken an gekündigt. Das ist auch richtig. Denn gerade die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig ein funktionierendes Apothekenwesen für die Bevölkerung ist. Dabei war die Schwerst arbeit der Apotheken und ihrer Teams in den über zwei Jahren unter Corona- Bedingungen mit massiv steigenden Personal- und Betriebskosten verbunden. Ein Gesundheits-Spargesetz, wie es zwischenzeitlich schon als in der Bundesr egierung unabgestimmter Entwurf kursierte, dass eine massive Belastung der Apotheken vorsieht, hätte eine wirtschaftliche Schwächung der Apotheken zur Folge mit drama tischen Konsequenzen für die Versorgung der Menschen in unserem Land.
Die langfristige Sicherung der bürgernahen Arzneimittelversorgung funktioniert nicht ohne Apothekenstärkung
Der Apothekerverband Nordrhein e.V. wird sich auch vor diesem Hintergrund und im Sinne der oben skizzierten Punkte weiterhin konsequent dafür einsetzen, dass der hohe Personal- und Kostenaufwand in den Apotheken auch durch die GKV ausreichend finanziert wird. Das gilt ganz besonders auch für die Übernahme neuer Dienstleistungen.
Nur die nachhaltige Apothekenstärkung verhindert die weitere Ausdünnung des Apothekennetzes und stabilisiert diese bewährte frei- und heilberuflich geprägte Versorgungs struktur, die von kommerziellen Konzerninteressen unabhängig ist und so dem Gemeinwohl am besten dienen kann.
Mit der Landes- und Bundespolitik aktiv im Dialog
Für den Apothekerverband Nordrhein ist auch der landes- und bundespolitischer Dialog essentiell. Beispielhaft für dieses Engagement stehen unsere Initiativen im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 gemeinsam mit der Apothekerkammer Nordrhein (siehe dazu „Erfolgsrezept“, S.72), der kontinuierliche Dialog mit gesundheitspolitischen Spitzenver-tretern aus dem Bundesgesundheitsministerium und den Bundestagsfraktionen (siehe dazu, „14. Zukunftskongress öffentliche Apotheke“, S.87) und jetzt im unmittelbaren Vorfeld der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 15. Mai in der Podiums- und Plenumsdiskussion zum Thema „Landtagswahl 2022 – Gesundheitspolitische Positionen zur Arzneimittel- und Gesundheitsversorgung auf dem Prüfstand“ auf unserer Mitgliederversammlung am 11. Mai.
Zum Nutzen der Mitglieder: Den Verband als modernen Dienstleister zukunftsorientiert weiterentwickeln
Der trotz weiter abnehmender Apothekenbetriebe gefestigte hohe Organisationsgrad des Verbandes von über 98 Prozent bildet weiterhin ein besonders solides Fundament, um den Verband als kompetenten Dienstleister für selbständige Apotheker/innen in Nordrhein mit modernen Strukturen auf hohem Dienstleistungsniveau zum Nutzen der Mitglieder zu-kunftsorientiert weiterzuentwickeln. Der sehr hohe Mitgliederbestand bedeutet für den Apothekerverband Nordrhein e.V. nach wie vor Bestätigung und Auftrag zugleich, das von den Mitgliedern in die Arbeit ihres Verbandes gesetzte Vertrauen auch in Zukunft zu rechtfertigen und weiter zu festigen.
Hohe Dienstleistungs- und Serviceorientierung:
Jede Woche werden 3.000 Anfragen und Vorgänge bearbeitet
Dabei hat der Apothekerverband Nordrhein e.V. in seiner Funktion als Spitzenorganisation der selbständigen Apotheker/innen eine ganz besondere Vertrauensposition bei den zu vertretenden Mitgliedern und den Partnern der Apothekerschaft im Gesundheitswesen in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus. Diese gilt es Tag für Tag aufs Neue unter Beweis zu stellen.
Ganz besonders trägt dazu auch die hohe Dienstleistungs- und Serviceorientierung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle in der Tersteegenstraße bei. Ein wichtiges Ziel unseres engagierten Teams dort ist: Sie und Ihre Apothekenteams vom zu nehmenden Bürokratismus im Arzneimittel- und Gesundheitsmarkt zu entlasten und kompetenter An-sprechpartner für unsere Partner im Gesundheitswesen zu sein. Jede Woche erreichen die Geschäftsstelle über 1.200 Anfragen unserer Mitglieder zu Arzneimitteln und Hilfsmitteln. Und in der Clearingstelle sind es aktuell sogar bis zu 1.800 bearbeitete Vorgänge pro Woche, die dann mit den Krankenkassen abgewickelt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
mit diesem Geschäftsbericht stellen wir die Aktivitäten des Verbandes im Berichtszeitraum übersichtlich und transparent dar. Er gibt auch einen Überblick über die vielfältigen Herausforderungen, denen sich der Verband mit seinen Mitgliedern im Berichtsjahr gestellt sah und zurzeit sieht. Der vorliegende Geschäftsbericht knüpft hinsichtlich wesentlicher Punkte und redaktioneller Inhalte unmittelbar an den Geschäftsbericht 2020/2021 an, dessen Berichtszeitraum bis April 2021 reichte.
Mit der Zuversicht, dass wir der Coronapandemie weiter mit vereinten Kräften effektiv entgegenwirken und diese perspektivisch auch erfolgreich überwinden können, wünsche ich Ihnen eine gute Lektüre unseres Geschäftsberichtes.
Bleiben Sie gesund!
Ihr
Thomas Preis
Vorsitzender Apothekerverband Nordrhein e.V.