Grippesaison 2021/2022: Apothekerverband schlägt Alarm

Honorierung der Apotheken bei Grippeimpfstoffen muss dringend an stark steigende Impfstoffpreise angepasst werden Große Abhängigkeit von einem Impfstoffhersteller in der kommenden Grippeimpfsaison könnte zu Versorgungsengpässen führen

Thomas Preis, Vorsitzender Apothekerverband Nordrhein e.V.

Für die Grippesaison 2021/2022 schreibt die Schutzimpfungs-Richtlinie für Personen über 65 Jahre einen hochdosierten tetravalenten Grippeimpfstoff vor. Der dafür derzeit einzige in Deutschland zugelassene Impfstoff Efluelda® kostet gut das Dreifache der üblich dosierten tetravalenten Impfstoffe. „Als Heilberufler stützen wir Apotheker die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) und des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), bei älteren Menschen einen Hochdosisimpfstoff bei der Grippeschutzimpfung einzusetzen. Versprechen diese Impfstoffe doch eine noch bessere Wirksamkeit in dieser Altersgruppe“, erklärt Thomas Preis, Vorsitzender Apothekerverband Nordrhein e.V. „Wir kritisieren sehr heftig, dass die schon damals äußerst knappe Honorierung von 1€ pro Impfdosis, die der Gesetzgeber im Zuge des im Mai 2019 in Kraft getretenen Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) festgelegt hat, die Kosten für Vorfinanzierung, Beratung, Lieferung, Risikozuschlag für Warenuntergang, Nichtabnahme und Retaxationen durch Krankenkassen bei diesen Hochdosisimpfstoffen nicht ansatzweise decken,“ so Preis.
 
Ohne Honoraranpassung sind Versorgungsengpässe vorprogrammiert
 
Wenn die Zulassung des Sanofi-Präparates noch auf Personen ab 60 Jahre erweitert werde, führt Preis weiter aus, würde die Schutzimpfungs-Richtlinie auch für diesen Personenkreis gelten, wenn nicht das Bundesgesundheitsministerium (BMG) noch der Änderung insgesamt widerspricht. „Das würde die Probleme noch vergrößern. Wir rechnen schon bei den jetzt laufenden Vorbestellungen der niedergelassenen Ärzte mit einem Bestellanteil von 75% für den wesentlich teureren Hochdosisimpfstoff“, stellt Preis klar. Das Einkaufsvolumen der Apotheken werde sich dann bei gleicher Bestellmenge wie im Vorjahr mehr als verdoppeln. Nach Berechnungen des Verbandes gibt eine Apotheke im Durchschnitt etwa 1.000 Grippeimpfstoffe pro Saison ab. Das Einkaufsvolumen pro Apotheke würde so rechnerisch von ca. 10.000 € auf 30.000 € steigen. Sehr viele Apotheken liegen aber weit über diesen Durchschnittswerten. „So werden in diesem Jahr bei recht vielen Apotheken deutlich sechsstellige Eurobeträge zu finanzieren sein. Für viele ist das wirtschaftlich nicht mehr tragbar, so dass hier dringende Unterstützung der Politik erforderlich ist“, verdeutlicht Preis. „Die Marge, die den Apotheken derzeit von der Politik zugestanden wird, sinkt so auf unter 3%. Schon jetzt zeichnet sich deutlich ab, dass die meisten Kollegen über die Vorbestellungen der Ärzteschaft hinaus kaum noch zusätzliche Impfstoffe auf gänzlich eigenes Risiko vorbestellen“, erläutert Preis.
 
Versorgungssicherheit muss auch bei Grippeimpfstoffen Vorrang haben
 

Die entstehenden Kosten würden durch diese Mini-Marge nicht mehr ausreichend gedeckt werden können. Aber gerade die auf eigenes Risiko vorbestellten Impfstoffe waren in der jetzt zu Ende gehenden Impfsaison vielerorts der Garant dafür, dass auch Ärzte mit Grippeimpfstoffen versorgt werden konnten, die überhaupt nicht vorbestellt hatten oder aufgrund der hohen Impfbereitschaft der Bevölkerung schon frühzeitig nachbestellen mussten. Zusätzlich warnt der Apothekerverband Nordrhein ausdrücklich davor, aus rein versorgungsökonomischen Gründen etwa 75% der Grippeimpfstoffversorgung in der kommenden Saison durch lediglich einen Hersteller sicherzustellen. Wenn es wider Erwarten zu Produktionsverzögerungen oder sogar Totalausfällen kommt, hätte das erhebliche Auswirkungen auf eine ausreichende Anzahl an Grippeimpfungen im nächsten Jahr. „Denn nach unserer Einschätzung wäre das nicht kurzfristig durch andere Hersteller aufzufangen“, warnt Preis. „Das können wir uns vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie überhaupt nicht leisten.“

Zentrale Eckpunkte für eine verbesserte Grippeimpfstoffversorgung:

  • Die seit Jahren feststehende Fix-Marge von Apothekern muss dringend wie bei anderen verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auch um einen prozentualen Zuschlag ergänzt werden, damit Finanzierungs-, Versicherungs- und Warenunter-gangskosten bei steigenden Impfstoffpreisen ausreichend gegenfinanziert werden können. Zur Erinnerung: Die Honorierung wurde zu Zeiten festgelegt, zu denen es nur Impfstoffe im Wert von etwa 10 € gab. Das hat sich in diesem Jahr geändert.
  • Die schon im Zuge der Bestellung ausgestellten Rezepte müssen von den Krankenkassen ausreichend früh, zumindest einen Monat vor Auslieferung der Impfstoffe, den Apotheken bezahlt werden.
  • Die jetzt schon vom BMG angekündigte Bundesreserve der Impfstoffe muss früh genug an die Apotheken ausgeliefert werden.
  • Nicht verwendete Impfstoffe, die am Ende der Impfsaison in den Apotheken lagern, sind quasi die auf eigene Kosten der Apotheken bereitgestellte nationale Impfreserve. In diesem Jahr drohen so etwa 1 Million Impfstoffe im Wert von 10 Millionen Euro in den bundesdeutschen Apotheken wertlos zu werden. Dies kann so nicht bleiben. Unter der Leitung des BMG müssen hier Kostenübernahmemodelle entwickelt werden. Zumal in der nächsten Impfsaison durch die steigenden Impfstoffpreise noch höhere Lagerverluste entstehen würden.

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